Diabetes Wissen / Korrekturfaktor berechnen und testen leicht gemacht

Nicole • 26. Juli 2024

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Kohlenhydratfaktor einfach berechnen und testen


Diabetes kann manchmal unvorhersehbar sein und es kommt immer wieder zu hohen Glukosewerten. Manchmal liegt das daran, dass man sich bei der Menge des Essens verschätzt hat und es doch mehr war als gedacht. Manchmal ist die Ursache jedoch nicht sofort ersichtlich. Zum Glück gibt es den Korrekturfaktor, mit dem man diese Glukoseausreißer einfangen und die Werte wieder in den Zielbereich bringen kann.


Beginnen wir von vorne. Bei einer intensivierten Insulintherapie wird in der Regel vor den Mahlzeiten ein kurz- oder schnell wirkendes Bolusinsulin gespritzt, und zusätzlich ein- bis zweimal täglich ein langwirkendes Basalinsulin. Das Bolusinsulin deckt sowohl den Insulinbedarf für Mahlzeiten als auch für Korrekturen ab. Für Personen, die Kohlenhydrate berechnen, wird zu Beginn der Therapie der sogenannte Kohlenhydratfaktor bzw. das Kohlenhydrat-zu-Insulin-Verhältnis durch den Arzt oder die Ärztin festgelegt. Auch der Korrekturfaktor wird zu diesem Zeitpunkt bestimmt. Manche Patientinnen und Patienten erhalten einen Plan, der ihnen zeigt, wie viele Einheiten Insulin sie bei bestimmten Glukosewerten spritzen sollten, während andere die nötige Korrekturmenge mithilfe des Korrekturfaktors selbst berechnen.


Hier eine grundlegende Definition:


👆 Der Korrekturfaktor, auch Insulin-Korrekturfaktor genannt, gibt an, um wie viel eine Einheit Insulin den Glukosespiegel senkt. Korrekturinsulin ist also das Insulin, das benötigt wird, um erhöhte Glukosewerte wieder in den Zielbereich zu bringen.


Viele Menschen verwenden den ganzen Tag über denselben Korrekturfaktor. Da jedoch die Insulinwirkung im Tagesverlauf schwanken kann, kann es hilfreich sein, tageszeitabhängige Korrekturfaktoren zu nutzen.


Bei Erwachsenen mit Diabetes sehen die Korrekturfaktoren, wenn sie an den tageszeitlichen Rhythmus angepasst sind, oft wie folgt aus:


Morgens (5-10 Uhr) 30-50 mg/dl (1,7-2,8 mmol/l)

Mittags (10-16 Uhr) 50-70 mg/dl (2,8-3,9 mmol/l)

Abends (16-22 Uhr) 30-50 mg/dl (1,7-2,8 mmol/l)

Nachts (22-5 Uhr) 50-70 mg/dl (2,8-3,9 mmol/l)


Diese Werte können individuell variieren, je nachdem, wie sensibel eine Person auf Insulin reagiert oder wie stark eine bestehende Insulinresistenz ausgeprägt ist. Eine grobe erste Orientierung, um zu bestimmen, wie viel eine Einheit Insulin den Glukosespiegel bei Erwachsenen senken kann, lässt sich mithilfe einer Formel berechnen. Es ist jedoch wichtig, diese Werte individuell mit dem Diabetesteam abzustimmen. Bei Bedarf können die Korrekturfaktoren durch Tests und gesammelte Erfahrungswerte an den wechselnden Insulinbedarf zu verschiedenen Tageszeiten angepasst werden.


  • Bei Verwendung eins kurzwirksamen Analoginsulins:


Bei mg/dl:

1800/ gesamten Insulintagesbedarf (Bolus + Basalinsulin) = Korrekturfaktor in mg/dl


Bei mmol/l:

100/ gesamten Insulintagesbedarf (Bolus + Basalinsulin) = Korrekturfaktor in mmol/l


  • Bei Verwendung eines Normalinsulins:


Bei mg/dl:

1500/ gesamten Insulintagesbedarf (Bolus + Basalinsulin) = Korrekturfaktor in mg/dl


Bei mmol/l:

83/ gesamten Insulintagesbedarf (Bolus + Basalinsulin) = Korrekturfaktor in mmol/l


Falls dich die Formeln verwirren, hier ein praktisches Beispiel, wie Thorsten seinen Korrekturfaktor berechnen kann:


  • Um den gesamten Insulintagesbedarf zu ermitteln, addiert man das Mahlzeiteninsulin und das langwirksame Basalinsulin. In Thorstens Fall bedeutet das: 10 Einheiten zum Frühstück, 6 Einheiten zum Mittagessen, 9 Einheiten zum Abendessen von einem kurzwirksamen Insulinanalogon, und 25 Einheiten langwirksames Insulin für die Basisversorgung. Zusammen ergibt das 50 Einheiten Insulintagesbedarf.
  • Der Korrekturfaktor, für jemanden, der in mg/dl rechnet, wird dann folgendermaßen berechnet: 1800 geteilt durch 50 ergibt 36 mg/dl.


Das bedeutet, eine Einheit eines schnell wirkenden Analoginsulins würde Thorstens Glukosewert in den nächsten 2 bis 4 Stunden um etwa 36 mg/dl senken.


Beachte - die Faktoren können sich mit der Zeit ändern:


Es ist wichtig zu wissen, dass sich der Insulinbedarf im Laufe der Zeit ändern kann. Sowohl der Bedarf an Bolusinsulin als auch der basale Insulinbedarf kann durch Gewichtsschwankungen oder hormonelle Veränderungen variieren.


Daher ist es ratsam, die Korrekturfaktoren zu überprüfen, wenn die Glukosewerte 2-3 Stunden nach der Verabreichung des Korrekturinsulins (bei einem kurzwirksamen Insulinanalogon) nicht in den Zielbereich zurückkehren.


Bevor du jedoch den Korrekturfaktor überprüfst, solltest du deine Injektionsstellen untersuchen. Fühlst du Verhärtungen oder siehst du Erhebungen im Spiegel? Diese könnten auf Lipohypertrophien hinweisen, bei denen das Insulin nur verzögert aufgenommen und wirksam wird. In diesem Fall ist es ratsam, die Injektionsstelle zu wechseln, um wieder eine verlässliche Insulinwirkung zu gewährleisten.


Wenn du generell mit hohen Glukosewerten kämpfst, prüfe zunächst, ob die Dosis des Basalinsulins ausreicht, um die Werte auch ohne Mahlzeiten im Zielbereich zu halten. Eine Anleitung für diesen Test findest du in folgendem Artikel. Anschließend solltest du auch die Kohlenhydratfaktoren überprüfen.


Der Korrekturfaktor-Test:


Vor dem Test beachten:


Starte den Test, wenn dein Glukosewert deutlich erhöht ist und du bis zur nächsten Mahlzeit einige Stunden warten kannst. Kleine Mengen Protein wie ein paar Nüsse, etwas Käse oder ein gekochtes Ei können während des Tests verzehrt werden.


  • Der Ausgangsglukosewert sollte über 200 mg/dl (11,1 mmol/l) liegen, jedoch nicht länger als 4 Stunden erhöht sein.
  • Keine Insulingabe:
  • 3-4 Stunden vor dem Test bei Verwendung von kurzwirksamen Insulinanaloga.
  • 5-6 Stunden vor dem Test bei Verwendung von Normalinsulin.
  • Die letzte Mahlzeit sollte mindestens 3 Stunden zurückliegen.
  • In den letzten 6 Stunden sollten keine Glukosewerte unter 70 mg/dl (4 mmol/l) festgestellt worden sein.
  • Vermeide außergewöhnliche körperliche Aktivitäten vor und während des Tests.
  • Kein Alkohol in den letzten 12 Stunden konsumieren.
  • Der Test sollte nicht bei starkem Stress oder fieberhaften Erkrankungen durchgeführt werden.
  • Bei Menschen mit Typ-1-Diabetes sollte keine Stoffwechselentgleisung mit Ketonen vorliegen.


Durchführung des Tests:


  • Korrigiere den erhöhten Glukosewert mithilfe deines aktuellen Korrekturfaktors, um den Zielwert von 100 mg/dl (5,6 mmol/l) oder den für dich festgelegten Zielwert zu erreichen.
  • Während des Tests sollte keine Kohlenhydratzufuhr erfolgen.
  • Vermeide außergewöhnliche körperliche Aktivitäten während des Tests.
  • Überwache die Glukosewerte stündlich bis zu 5 Stunden nach dem Start der Mahlzeit.
  • Bei einer Unterzuckerung (Glukosewert <70 mg/dl bzw. 3,9 mmol/l) musst du den Test sofort abbrechen und Traubenzucker einnehmen.
  • Falls die Glukosewerte trotz Korrektur weiterhin steigen, sollte der Test möglicherweise abgebrochen und eine zusätzliche Korrekturdosis verabreicht werden.


Auswertung des Tests:


Der Korrekturfaktor ist korrekt, wenn der hohe Glukosewert nach der Korrektur nach einigen Stunden im Zielbereich zwischen 80-130 mg/dl (3,9-6,8 mmol/l) liegt. Dies sollte etwa 3 Stunden nach der Verabreichung von kurzwirksamem Analoginsulin oder 5 Stunden nach Normalinsulin der Fall sein.

Der Korrekturfaktor stimmt nicht, wenn die Glukosewerte nach einigen Stunden weiterhin erhöht oder unterhalb des Zielbereichs liegen. In diesem Fall solltest du gemeinsam mit deinem Diabetesteam entscheiden, wie der Korrekturfaktor angepasst werden kann, um ihn dann erneut zu testen.


Der Aufwand lohnt sich!


Die Überprüfung des Korrekturfaktors, insbesondere wenn die Therapie nicht optimal verläuft, ist zwar aufwendig, aber lohnenswert. Sie hilft dabei, die Insulintherapie zu optimieren und die Glukosewerte wieder in den Zielbereich zu bringen.


Auch wenn die angepassten Faktoren nicht sofort die gewünschten Ergebnisse liefern, solltest du nicht aufgeben. Teste die neuen Faktoren einige Tage und überprüfe, ob die Glukosewerte nach den Korrekturen wieder im Zielbereich liegen.


Sei geduldig bei der Anpassung der Werte. Korrigiere nicht mehrfach hintereinander, da dies das Risiko einer Unterzuckerung erhöht. Lass dem Insulin Zeit, um zu wirken, und vermeide eine Überlappung der Wirkkurven.


Der Korrekturfaktor ist auch ein wichtiger Parameter bei der Programmierung eines Bolusrechners.

Ein solcher Rechner kann im Alltag, insbesondere bei variierenden Korrekturfaktoren, eine wertvolle Unterstützung bieten!






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